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Projektbeschreibung

Jüdisches Leben in Stuttgart


»Könnte ich am 26. August für 3 Stunden den Karl-Adler-Saal reservieren, um ein Klassenvorspiel zu organisieren?« - Wie oft hatten wir diesen Namen schon im Mund, ohne überhaupt zu wissen, über wen wir da eigentlich sprechen. Unser Leben ist umgeben von großartigen jüdischen Denkern, Musikern, Wissenschaftlern, ohne dass man sich dessen oft bewusst ist. Wussten Sie zum Beispiel, dass
einer der bekanntesten jüdischen Komponisten - Viktor Ullmann - für zwei Jahre in Stuttgart einen anthroposophischen Buchladen besaß, da er sich für die Lehre Rudolf Steiners interessierte? Steiner wiederum promovierte 1891 an der Universität Rostock mit der Note »rite« (ausreichend), welches gleich zwei weitere Wegkreuzungen unseres Lebens bedeuten, die uns dazu veranlasst haben, ein Projekt zu entwickeln, um diese Persönlichkeiten näher kennen zu lernen und unsere Umgebung mit mehr Aufmerksamkeit zu betrachten.
Wir, Corinna Hentschel (Violine) und Katharina Groß (Klavier), sind beide Lehrerinnen an der Stuttgarter Musikschule. Unsere Idee ist es, in Kooperation mit der Stuttgarter Musikschule, eine »Peer group« aus etwa 10 Musikschulschüler*innen im Alter zwischen 15-18 Jahren zu gründen, mit denen wir zusammen ein interdisziplinäres, außerschulisches Konzertprojekt entwickeln wollen.
Unsere Herangehensweise sieht dabei so aus, dass wir zunächst erst einmal das jüdische Leben in Stuttgart entdecken wollen. Dazu gehört ein Besuch in der Synagoge, ein Gespräch mit dem Rabbi, ein Treffen des Jüdischen Vereins Stuttgarts und das Kennenlernen von jüdischen Musikern, die in Stuttgart leben oder für einen Auftritt vorbeikommen. Das Haus Abraham e.V. verfügt hier über zahlreiche Kontakte. Ziel dieser Exkursionen soll es sein herauszufinden, wie die Kultur und/oder die Religion gelebt wird, ob und wie sich das Leben der Menschen in den Jahren in Bezug auf Antisemitismus verändert hat, wo und wie die jüdische Kultur sichtbar wird und welche Berührungspunkte es mit dem eigenen Leben gibt. Wir streben einen offenen Dialog und Austausch an, bei dem die Schüler viele Fragen loswerden können und viel Neues und  Interessantes über die Personen, über deren Glauben, deren Perspektiven, Ängste und Wünsche erfahren können. Da unser Schwerpunkt im Projekt auf jüdischer Literatur und Musik liegt, werden wir auch immer versuchen herauszufinden, was diese für die Menschen im einzelnen bedeutet und ob sie eine emotionale Bindung dazu empfinden und sich darüber identifizieren. Ist es möglich, dass das Judentum und die jüdische Kultur völlig losgelöst von jeglichen ideologischen und politischen Implikationen wahrgenommen wird? Auch wollen wir auf die alte Frage »Gibt es überhaupt eine jüdische Musik«, zu der sich schon 1928 Joseph Acheron wie folgt äußerte, eine aktualisierte Antwort finden: »Die Frage ist für Leute, die sich dafür interessieren, immer noch aktuell. Es werden darauf verschiedene Antworten gegeben. Manche behaupten, dass es keine jüdische Musik gibt und dass es keine geben kann, weil die Juden keinen Boden haben, auf dem ein nationales Schaffen wachsen kann; die anderen berufen sich auf das Fehlen jüdischer Musikwerke in der Vergangenheit und schließen daraus, dass das jüdische Volk unmusikalisch ist; die Dritten beweisen im Gegenteil, dass jüdische Musik seit biblischen Zeiten existiert, auch wenn sie über die ganze Welt zerstreut ist und in verschiedenen Musikkulturen aufging; die Vierten versuchen, irgendeinen »jüdischen Geist« in Werken zu finden, die keine Spur von diesem »Geist« besitzen, obwohl sie von Juden komponiert wurden. Es gibt vermutlich noch andere Meinungen«
Aus diesen Reflexionen heraus werden wir dann eine Brücke zur eigentlichen Projektarbeit schlagen. Wir werden gemeinsam sowohl die Literatur lesen und die Musik hören, die den Menschen am Herzen lag, von den meist bekannten Klassiker deutschsprachiger Komponisten wie Ernest Bloch, Erich Wolfgang Korngold, Alfred Schnittke, Paul Ben-Hain oder Viktor Ullman, sowie Schriftsteller bzw. Dichter wie Nathan Zach, Else
Lasker-Schüler, Stefan Zweig, Heinrich Heine oder Arthur Schnitzler, um nur einige zu nennen. Daraus werden wir dann ein Konzept entwickeln, wie wir diese Werke auf die Bühne bringen können, ein Format finden, in dem auch unsere neu gewonnenen Begegnungen ihren Platz finden. Wichtig ist es uns dabei die Vielfältigkeit und Heterogenität jüdischer Kultur und Lebens darzustellen und deren Bedeutung für unsere heutige Gesellschaft in den Mittelpunkt zu stellen.
Damit wir mit unseren sicherlich auch neuen Erfahrungen und dem erworbenem Wissen eine möglichst große Reichweite erzielen können, ist für uns ein moderner, medialer Anteil sehr wichtig. Ohne Publikum hat es keine Tragkraft und die Botschaft kann nicht nach außen getragen werden. Wir wollen, dass dieses Projekt nicht in altmodischen Rahmen bleibt, sondern jung und aktuell präsentiert werden kann. Das Abschlusswerk wollen wir in öffentlichen Konzerten und Schulkonzerten präsentieren. Unser Interesse ist es dabei das hebräische mit dem deutschen zu verbinden, weswegen wir uns als Ziel gesetzt haben, alle Texte sowohl auf hebräisch, als auch auf deutsch zu sprechen und zu drucken.

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